Zeitlos - Zeitgemäß // Kristine Karklina
Steckbrief
Eckdaten
- Absolventin:
- Kristine Karklina
- Abschluss:
- Master of Science
- Betreuer:
- Jan Michel Hintzen
- Prüfer:
- Prof. Hartwig Schneider
- Co-Prüfer:
- Prof. Uwe Schröder
- Einrichtung:
- Lehrstuhl für Baukonstruktion
Tuxerjochhaus - Eine Schutzhütte für den Österreichischen Touristenklub
Unter dem Titel Zeitlos – Zeitgemäß ist ihm Rahmen der Masterarbeit ein Entwurf für den Ersatzbau des Tuxerjochhaus entstanden.
Hintergrund
Mit mehr als 60 Mio. Ausflugsgästen und etwa 370 Mio. Übernachtungen pro Jahr sind die Alpen heutzutage eine der größten Tourismusregionen der Welt.
Insgesamt gibt es im Alpenraum ca. 10.000 Berghütten und Biwakschachteln. Die meisten davon befinden sich in Österreich. Zwar gilt das Wege- und Hüttennetz in den Alpen seit den Neunzigerjahren als vollendet, jedoch bedeutet dies nicht, dass die bestehenden Hütten nicht mehr erweitert oder gar neugebaut werden sollten. Ganz im Gegenteil, denn um dem großen Andrang gerecht zu werden, wird genau dies angestrebt.
Der Österreichische Touristenklub, ÖTK, ist der zweitälteste alpine Verein in Österreich. 1896 durch Gustav Jäger in Wien gegründet, wird die Geschichte des Klubs durch Pioniergeist geprägt. Heutzutage hat der ÖTK etwa 25.000 Mitglieder und ist der drittgrößte Alpenverein in Österreich. Der Klub verwaltet neben Aussichtswarten, Wegen, Steigen und Kletterrouten auch rund 60 Schutzhütten, darunter auch das 1910 erbaute Tuxerjochhaus.
Ort
Das Tuxer Joch befindet sich, wie der Name schon verrät, in den Tuxer Alpen und stellt die Verbindung zu den südlich angrenzenden Zillertaler Alpen her.
In den Tuxer Alpen befinden mehrere Skigebiete, darunter auch der Hintertuxer Gletscher, das einzige Skigebiet in Österreich das ganzjährig betrieben wird. Des Weiteren gibt es in diesem Gebiet insgesamt 12 Schutzhütten die Gäste nicht nur in der Sommersaison, sondern teilweise auch im Winter aufnehmen. Durch die Gebirgsgruppe verlaufen außerdem viele Wanderwege. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die Spannaglhöhle, Europas höchstgelegene Großhöhle.
Kontext
Das Tuxerjochhaus befindet sich auf einer Höhe von 2313 m.ü.A., die Lage mit Blick auf den Hintertuxer Gletscher ist atemberaubend und lockt in der Sommersaison viele Wanderer, Bergsteiger und Mountainbiker an. In der Wintersaison wird das Joch Teil des Skigebiets Hintertux. Die jetzige Hütte ist sowohl im Sommer als auch im Winter geöffnet und verfügt über 35 Schlafplätze, die auf zwei Lager und zwei Zimmer verteilt sind.
Die Geschichte vom Tuxerjochhaus beginnt mit einer anderen Schutzhütte des Österreichischen Touristenklubs, ÖTK, nämlich dem Spannaglhaus. Die heute nicht mehr existierende Hütte, die im Jahr 1885 eröffnet und vom Tischlermeister Franz Hotter erbaut wurde, befand sich unweit vom Tuxerjoch auf einer Höhe von 2531 m.ü.A. Kurze Zeit nach dem Bau erwarb der Tischlermeister das Grundstück am Tuxerjoch und baute dort von 1910 bis 1911 das Tuxerjochhaus. Nach dem 1. Weltkrieg verkaufte er das Tuxerjochhaus an den ÖTK, handelte allerdings einen Pachtvertrag für sich und seine Nachfolger aus, die die Hütte mittlerweile bereits in der vierten Generation bewirtschaften.
Das Grundstück besteht aus zwei Teilgrundstücken, wovon eins mit den Abmessungen 35.5m auf 17.0m Platz für das Haupthaus und das andere mit einer Größe von 10.0m auf 8.0m Platz für einige Nebengebäude bietet. Beide Grundstücke sind annähernd rechteckig und haben eine Ausrichtung nach Südosten. Allerdings ist das vor mehr als 100 Jahren erbaute Gebäude sowohl architektonisch als auch technisch in einem bitteren Zustand und ein Ersatzbau ist dringend notwendig.
Entwurf
Nach einer umfangreichen Auseinandersetzung mit dem Ortscharakter ebenso wie einer detaillierten Analyse der Typologie der Schutzhütte ist ein Entwurf entstanden, dessen Haltung zugleich zeitlos und zeitgemäß ist.
Die verwendete Architektursprache greift Elemente der lokalen Architektur auf und interpretiert diese auf eine zeitgemäße Art und Weise wieder. Die Hütte ist so konzipiert, dass alle Gäste gleichgestellt sind, dies ist nicht nur im Gastraum, sondern auch in den Schlafräumen ersichtlich. Die erzeugte Raumatmosphäre strahlt zudem ein Gefühl der Wärme und Geborgenheit aus, die unteranderem durch den großen Kamin im Gastraum, sowie die unbehandelten Holzflächen unterstützt wird.
Der Neubau ist genauso wie der Bestand nach Südosten ausgerichtet. Dieser Entscheidung zugrunde liegen zwei Argumente – zum einen wird so die Blickachse Richtung Tuxer Hauptkamm aufgegriffen, zum zweiten bietet diese Ausrichtung einen optimalen Sonnenertrag für die zur Stromerzeugung notwendige Photovoltaikanlage auf dem Dach.
Konstruktiv betrachtet handelt es sich bei dem Entwurf um einen nahezu reinen Holzbau, lediglich der Sockel ist aus Beton und die Dachdeckung aus Aluminium. Die tragenden Brettsperrholzelemente, ebenso wie die Dämmelemente wurden so dimensioniert, dass diese mit dem Hubschrauber zur Baustelle transportiert werden können. Alle anderen Elemente können mit einem PKW transportiert werden. Die Bauteile werden mithilfe von Schraubverbindungen montiert, damit das Gebäude am Ende der Nutzungsdauer zurückgebaut werden kann.
Insgesamt ist es gelungen einen Ersatzbau zu entwerfen, der sich in die spektakuläre und traditionsreiche Landschaft einfügt und gleichzeitig allen Anforderungen einer nachhaltigen und somit langlebigen Hüttenarchitektur entspricht.
Kontakt zur Absolventin: kkaarklina@gmail.com