Planung einer „gesunden“ Stadt - Preisgekrönte Dissertation von Moritz Wild erscheint als Arbeitsheft der Rheinischen Denkmalpflege

28.10.2019

Aachen, Aldenhoven, Alsdorf, Hückelhoven-Ratheim, Linnich, Jülich, Schleiden, Wassenberg. 24. Oktober 2019. Eine neue, „gesunde“ Stadt zu schaffen: Diese aktuelle Forderung prägte bereits in den 1930er Jahren die Architekturschule der RWTH Aachen. Neues aus deutschen Traditionen hervorzubringen war das Ziel.

  Buch Cover Urheberrecht: © LVR v.l.: Christof Rose, Prof. Christian Raabe, Dr. Moritz Wild, Dekanin Prof. Sabine Brück, Dr. Andrea Pufke, Dr. Rüdiger Urban

Eine maßgebliche Rolle in dieser konservativen Gegenbewegung zum Bauhaus spielte der Aachener Architekturprofessor René von Schöfer. Dessen beruflichen Werdegang beschreibt der Architekturhistoriker und Denkmalpfleger Moritz Wild in seiner Dissertation, die nun vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) in der Buchreihe der „Arbeitshefte der rheinischen Denkmalpflege“ veröffentlicht wurde.

Unter dem Titel „Architekturlehre und Städtebau im Regierungsbezirk Aachen, René von Schöfer (1883-1954)“ berichtet Wild über die ungebrochene Karriere von Schöfers. Der war in der Weimarer Republik an die Aachener Hochschule berufen worden und im „Dritten Reich“ Dekan geworden. Nach der Entnazifizierung erlebte er in der frühen Nachkriegszeit im Raum Aachen die Hochphase seines Schaffens. Ob Aachen, Aldenhoven, Alsdorf, Hückelhoven-Ratheim, Linnich, Jülich oder Schleiden: Am Wiederaufbau all dieser Städte im Regierungsbezirk Aachen hat der 1883 in Teheran geborene Österreicher René von Schöfer maßgeblich mitgewirkt.

„Moritz Wild hat nicht nur eine umfangreiche Monographie über das Wirken von Schöfers verfasst. Das Buch gibt auch tiefe Einblicke in die stadtplanerischen Prozesse vergangener Epochen“, so Prof. Dr. Christian Raabe vom Lehrgebiet Denkmalpflege und historische Bauforschung an der Fakultät für Architektur der RWTH Aachen. Dazu beschreibt er die Entwicklung der Lehre an der Fakultät für Architektur in den verschiedenen Epochen und politischen Systemen, die Auswahl von Professoren und deren Einfluss auf die Studierenden, die später selbst als Architekten die Stadtplanung im Raum Aachen prägen sollten.

75 Jahre nach den schweren Kriegszerstörungen, die man vielerorts zum Anlass nahm, die historischen Altstädte “aufzuräumen“, erkundet das Buch also sowohl Architektenausbildung als auch Städtebau in der Aachener Region und deren Verquickung. Auch den Weg zur autogerechten Innenstadt zeichnet es nach; heute ein Albtraum, in der Nachkriegszeit das Ideal einer von Altbauten und kleinteiligen Straßenzügen radikal befreiten, „gesunden“ Stadt.

Moritz Wild hat für seine Dissertation über René von Schöfer den renommierten, mit 10 000 Euro dotierten Paul-Clemen-Preis des LVR erhalten. Über sein Buch sagt Landeskonservatorin und Herausgeberin Andrea Pufke: „Mit hohem Aufwand hat der Autor den in vielen Archiven und Behörden verstreuten Quellenschatz gehoben und die komplexen Informationen gut verständlich und zum Teil unterhaltsam aufbereitet. Für die Denkmalpflege ist dieses Buch ein Glücksfall, weil damit viele Denkmalbewertungen erst möglich werden.“