Diverse Typologie : eine Analyse migrantisch initiierter Architektur in Deutschland
Weber, Anna Marijke; Bernhardt, Anne-Julchen (Thesis advisor); Möhring, Maren (Thesis advisor)
Aachen (2019)
Doktorarbeit
Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2019
Kurzfassung
Die vorliegende Arbeit nimmt erstmalig in einer längerfristigen Perspektive eine heterogene Gruppe migrantisch initiierter profaner Architekturprojekte in Deutschland in den Blick. Im Zentrum stehen dabei die Fragen, ob migrantisch initiierte Räume spezifische räumliche Merkmale besitzen und wenn ja, spezifisch wofür; in welchem Zusammenhang angewandte räumliche Ideen mit einer jeweils differenzierten Migrationsgeschichte stehen; ob sich für das Entwerfen von Architektur in einer diversen Gesellschaft von existierenden Beispielen lernen lässt und wenn ja, was. Für eine Annäherung an die Antworten auf diese Fragen werden kulturwissenschaftliche Arbeiten zu Räumen und Stadt und architekturwissenschaftliche Arbeiten zur Typologie zusammengelesen. Der hieraus erarbeitete methodische Untersuchungsansatz wird auf drei Cafétypen - Eiscafé, Teestube und Shishabar - als Fallstudien angewandt, die als Gruppe jeweils spezifische räumliche Eigenschaften aufweisen und maßgeblich durch die Initiative migrantischer Bauherren und Betreiber entstanden sind. Abschnitt I ordnet und kontextualisiert vorhandene, hauptsächlich wissenschaftliche Arbeiten zu migrantisch initiierten Architekturprojekten in Deutschland, unterzieht sie einer Diskursanalyse und benennt relevante Themen, diskutierte Themen, Perspektivierungen, Vorannahmen und mögliche Alternativen. Abschnitt II erweitert auf der Grundlage der Ergebnisse aus Abschnitt I das Repertoirearchitekturtypologischer Analysewerkzeuge und -konzepte. Vier Formate werden zur Untersuchung herangezogen bzw. entwickelt: Grundrisssammlung, Typisierung, Typogenese und Referenzrahmen. Abschnitt III wendet die vier grafischen Analyseformate auf die drei Fallstudien an. Für ein auch gebrauchsinteressiertes Entwerfen von Architektur findet sich hier ein großer Fundus übertragbarer räumlicher Elemente und Prinzipien. Für das Entwerfen in diversen Gesellschaften zeigt sich die Dynamik kultureller und interkultureller Prozesse und eine beständige Suche nach räumlichen Konfigurationen innerhalb des Repertoires der Architektur für jeweils neue und heterogene soziale Konstellationen. Die Initiatoren der untersuchten Fallbeispiele beteiligen sich aktiv an dieser Suche und erarbeiten über die von ihnen eingerichteten Räume Vorschläge hierfür. Die Rolle einzelner, bestimmbarer räumlicher Elemente und Prinzipien zeigt sich dabei als relevantes Thema im Prozess der Typenbildung. Der Typ selbst zeigt sich als Kommunikationswerkzeug - im gesamten Entwurfsprozess, mit Hilfe dessen versucht wird über sein Gebrauchspotential individuelle Erfahrungen mit einer räumlichen Struktur in Zusammenhang zu bringen. Die Kategorisierungen der Typologie werden dazu verwendet, Kategorien gesamtgesellschaftlicher Diskurse, wie westlich - muslimisch oder eigen - fremd, in Frage zu stellen und die untersuchten Objekte stattdessen einer Cafélandschaft, dem Taktischen und einer allgemeinen Stadtgeschichte einzuschreiben.
Identifikationsnummern
- DOI: 10.18154/RWTH-2019-06107
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2019-06107