Papier Fassaden : Entwicklung konstruktiver Prinzipien für Fassaden aus Papierwerkstoffen mit Fokus auf Brandschutz, Wärmedämmung, Feuchteschutz und ökologische Eigenschaften

Bach, Rebecca; Hildebrand, Linda (Thesis advisor); Knaack, Ulrich (Thesis advisor)

Aachen : RWTH Aachen University (2020, 2021)
Doktorarbeit

Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2020

Kurzfassung

Der Klimawandel und die voranschreitende Ressourcenverknappung sind ausschlaggebend für die aktuellen Entwicklungen des Bauwesens zu nachhaltigem und energieeffizientem Bauen. Papierwerkstoffe weisen große Potenziale für den kreislaufgerechten Einsatz im Bauwesen auf, da sie zum einen auf nachwachsenden Rohstoffen basieren und zum anderen über optimierte Rezyklierprozesse verfügen, sodass sie zu großen Teilen als Sekundärrohstoffe wiedergenutzt werden können. Erste gebaute Projekte sowie Grundlagenforschungen belegen die Eignung von Papierwerkstoffen für den bautechnischen Einsatz. Damit allerdings Architekten, Ingenieure und Fachplaner Papier in alltäglichen Bauprojekten einsetzen können, mangelt es an Materialkennwerten und Erfahrungen. Aus diesem Grund werden im Rahmen dieser Doktorarbeit konstruktive Prinzipien für den Einsatz von Papierwerkstoffen in Fassaden bzw. Außenwandkonstruktionen entwickelt, da diese die höchsten bauphysikalischen Anforderungen haben. Die Hauptfragestellung der Arbeit ist: Welche konstruktiven Prinzipien eignen sich, um den erhöhten Einsatz von Papierwerkstoffen als Baustoffe durch Architekten, Ingenieure und Fachplaner zu ermöglichen? Um diese Frage zu beantworten werden vor allem die Themen der Brand- und Feuchteanfälligkeit des Materials und der daraus resultierenden Bauteile sowie die wärmedämmenden und ökologischen Eigenschaften untersucht. Die Arbeit ist in acht Kapitel aufgeteilt. Im ersten Kapitel erfolgt die Einleitung. Im zweiten Kapitel werden die Grundlagen zu Papierwerkstoffen im Bauwesen wie die Geschichte und wichtige Materialparameter vorgestellt. Kapitel drei befasst sich mit den materialtechnischen Analysen. Es werden die Brandschutz-, Wärmedämmung-, Feuchteschutz- und ökologischen Eigenschaften der verschiedenen Papierwerkstoffe auf Materialebene untersucht und in den Kontext herkömmlicher Baustoffe eingeordnet. Papierwerkstoffe mit geringer Rohdichte sind leicht entflammbar und dürfen somit nur in Kombination mit anderen Werkstoffen, Beschichtungen oder Additiven eingesetzt werden. Für wärmedämmende Funktionen und wasserdampfdiffusionsoffene Bauteilschichten sind sie jedoch gut geeignet und bereits vergleichbar mit herkömmlichen Baustoffen. Papierwerkstoffe mit hoher Rohdichte sind brandschutztechnisch vergleichbar mit Holzwerkstoffen durch das Ausbilden einer stabilen Kohleschicht unter Beflammung. Sie eignen sich demnach vor allem für die tragenden und äußeren Bauteilschichten. Außerdem sind sie wasserdampfdiffusionsdichter, was es bei der bauphysikalischen Auslegung zu berücksichtigen gilt. Die Klebstoffe zur Fügung der einzelnen Papierlagen haben ebenfalls beachtliche Auswirkungen auf den Feuchteschutz. Die ökologischen Materialeigenschaften sind vergleichbar mit denen von Holz. Durch die Verwendung des gleichen Rohstoffs sind die Werte des Treibhauspotenzials sowie des Primärenergiebedarfs ähnlich und liegen deutlich unter denen der meisten Baustoffe. In Bezug auf den Rohstoffbedarf weist der Großteil der Papierwerkstoffe durch den hohen Anteil an Sekundärrohstoff vergleichsweise die besten Werte auf. In Kapitel vier erfolgen die konstruktiven Analysen auf Bauteilebene. Es werden Fassadenkonstruktionen entsprechend der Konstruktionstypologien: monolithische, geschichtete und skelettartige Außenwandkonstruktion entworfen, bauphysikalisch dimensioniert, brandschutztechnisch konzeptioniert und ökologisch berechnet. Die funktionalen Eigenschaften werden als Vergleichsgrundlage gleichgesetzt, um die sich daraus ergebenden Papier-Fassadenkonstruktionen unter ökologischen Aspekten mit herkömmlichen Konstruktionen vergleichen zu können. Das Ergebnis ist, dass Papierkonstruktionen ökologisch schlechter einzuordnen sind als vergleichbare Holzkonstruktionen, dafür jedoch deutlich besser als vergleichbare Konstruktionen aus herkömmlichen Baustoffen. Lediglich die Skelett-Konstruktionen aus Papierwerkstoffen sind im Gesamtvergleich besser. Im fünften Kapitel werden die konstruktiven Umsetzungen und Prüfungen von einer monolithischen, einer geschichteten und einer skelettartigen Konstruktion beschrieben. Die drei Fassaden werden mittels Bauteilprüfungen auf Brandschutz, Wärmedämmung, Feuchteschutz und Dekonstruktion geprüft. Die Brandschutzprüfungen verdeutlichen, dass noch weiterer Forschungsbedarf zu diesem Thema besteht. Zwei der drei Fassaden fallen durch die Prüfung durch. Lediglich die monolithische Konstruktion hält der Beflammung ausreichend stand. Die Prüfungen zur Wärmedämmfähigkeit der Konstruktionen bestätigen die positiven Ergebnisse der Materialversuche. Im Rahmen der Beregnungsversuche kann kein Anstieg der Feuchtigkeit hinter der Wetterschutzschicht festgestellt werden. Die Schadensbilder des Feuchtigkeitseintrags innerhalb der Wetterschutzschicht werden analysiert und sind auf unzureichende Ausführung der Beschichtung zurückzuführen. Die Prüfungen zur Dekonstruktion erzielen ebenfalls positive Ergebnisse, da lediglich oberflächliche Materialverluste durch die Trennung der verklebten Schichten entstehen. Aus den Erkenntnissen der vorherigen Kapitel werden im sechsten Kapitel 16 konstruktive Prinzipien entsprechend der fokussierten Thematiken abgeleitet. Wichtige Parameter dieser Prinzipien sind die Rohdichte der verbauten Materialien, der Aufbau des Bauteils sowie die eingesetzten Beschichtungen bzw. Klebstoffe. Den Abschluss der Doktorarbeit bilden das Fazit im siebten und ein Ausblick auf offene Forschungsthemen im achten Kapitel.

Einrichtungen

  • Juniorprofessur für Rezykliergerechtes Bauen [215330]

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