On the value of land and housing: urban development in Minsk and Warsaw after 1989

Kuletskaya, Dasha; Brück-Dürkop, Sabine (Thesis advisor); Kockelkorn, Anne (Thesis advisor); Schindler, Susanne (Thesis advisor)

Aachen (2023)
Doktorarbeit

Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2023, Kumulative Dissertation

Kurzfassung

Welchen Wert haben Boden und Wohnraum in Zeiten des finanzialisierten Kapitalismus? Diese Arbeit nutzt die Tradition der Critical Urban Theory um die Frage im osteuropäischen Kontext an den Beispielen von Minsk und Warschau zu untersuchen. Sie konzentriert sich vor allem auf Fragen der Kommodifizierung und Finanzialisierung von Boden und Wohnraum und bettet diese lokalen Entwicklungen in ihren globalen Kontext ein. Seit den 1980er Jahren nehmen die Kommodifizierung und Finanzialisierung des urbanen Raums, in den Sozialwissenschaften oft als Neo-liberalisierung bezeichnet, stetig zu. Dies ist Teil der globalen politisch-ökonomischen Entwicklung. Das wachsende Interesse des globalen Finanzsektors an Wohnimmobilien (d. h. an der Kombination aus Grundstücken und Wohnungen) hat zu einem immensen Anstieg ihres wirtschaftlichen Wertes geführt: Im Jahr 2018 wurden Wohnimmobilien weltweit mit über 220 Billionen USD bewertet, was mehr als dem 3,5-Fachen des globalen BIP entspricht. Die lokalen Dynamiken dieses globalen Trends sind jedoch sehr unterschiedlich und im osteuropäischen Kontext kaum erforscht. Obwohl diese Entwicklungen die gebaute Umwelt zunehmend bestimmen, werden sie innerhalb der Architektur weitgehend ignoriert. Diese Dissertation liefert Ansätze zu der neuen Forschungsagenda auf dem Gebiet der Geschichte und Theorie der Architektur um die zunehmende Kommodifizierung von Boden und Wohnraum kritisch zu hinterfragen. Beispiele aus Minsk und Warschau zeigen die Notwendigkeit auf diese globalen Entwicklungen in ihren lokalen historischen Kontext einzubetten. Anhand der Analyse der Wohnungsbauprojekte des spekulativen Entwicklers Dana Holdings in Minsk wird das Konzept Legitimized Architecture eingeführt, um die Rolle von Gesetzen, Bauvorschriften und Verordnungen für die Kommodifizierung des Wohnraums zu untersuchen. Die Untersuchung der Geschichte der Bodenreformen in Warschau zeigt die entscheidende Rolle der Ideologie und Narrativen bei der Kommodifizierung von städtischem Boden auf. Darüber hinaus wird die Perspektive der ökonomischen Werttheorie eingeführt, um diese Entwicklungen unter dem Aspekt der Wertschöpfung zu diskutieren. Außerdem werden die Begriffe Nutzwert und Tauschwert untersucht, die oft in den kritischen Auseinandersetzungen mit der aktuellen Finanzialisierung des Wohnraums eine prägende Rolle spielen. Unter Einfluss der Critical Urban Theory werden diese Begriffe häufig als normative Kategorien verwendet. Im Gegensatz dazu, zeichnet diese Dissertation die Entwicklung beider Begriffe von ihrem Ursprung in der klassischen Wirtschaftstheorie bis heute nach und zeigt die Mängel ihrer aktuellen moralisierenden Verwendung auf. Wie in vielen Arbeiten, die der Tradition der Critical Urban Theory folgen, werden auch hier starre disziplinäre Grenzen abgelehnt. Diese Arbeit wendet eine gemischte Methodologie an, die sich aus den Methoden zusammensetzt welche auf den Gebieten der Geschichte und Theorie der Architektur, Wohnungsforschung, politischen Geographie und Philosophie entwickelt wurden. Kombiniert werden Methoden der historischen Forschung, der investigativen Analyse und der Begriffsanalyse, um die folgenden Forschungsfragen zu beantworten: -Wie wird der Begriff des Wertes in Bezug auf das Wohnen von verschiedenen Disziplinen und Akteuren definiert? Haben die Konzepte des Nutzwerts und des Tauschwerts, die von Forschenden in der Tradition der Critical Urban Theory verwendet werden, das Potenzial, Fragen im Zusammenhang mit der Kommodifizierung und Finanzialisierung des Wohnens kritisch zu behandeln? -Wie wird die Architektur als Berufspraxis von der zunehmenden Kommodifizierung und Finanzialisierung des Wohnens beeinflusst? Wie trägt sie selbst zu dem Prozess bei? Wie werden die verschiedenen Arten von Wert, die von unterschiedlichen Interessengruppen in Bezug auf Wohnen verfolgt werden, von der Architektur als Berufspraxis beeinflusst und konditioniert? -Was sind die spezifischen Merkmale der zunehmenden Kommodifizierung und Finanzialisierung von städtischem Grund und Boden und Wohnraum in den osteuropäischen Ländern des ehemaligen Sowjetblocks? Haben Konzepte wie Postsozialismus oder postsozialistischer Neoliberalismus ein theoretisches Potenzial, um diese Fragen anzugehen? In den drei wissenschaftlichen Zeitschriftaufsätzen, die diese kumulative Dissertation bilden, werden die drei Fragen weiter spezifiziert. Die Ergebnisse dieser Arbeit unterstreichen die Notwendigkeit, die Agenda der Architekturforschung zu erweitern, um die zunehmend komplexen politisch-ökonomischen Dynamiken der zeitgenössischen Stadtentwicklung gerecht zu werden.

Einrichtungen

  • Lehr- und Forschungsgebiet Bauplan [213220]